Theater-Abschlussprüfung nach zwei Jahren Training-On-The-Job für Grundschul-Lehrkraft
In den Schuljahren 2015/16 und 2016/17 habe ich an einer Grundschule eine Lehrkraft regelmäßig in ihrem regulären Klassen- und Fach-Unterricht und bei mehreren achtwöchigen Theaterprojekten in jahrgangsübergreifenden Gruppen begleitet und beraten.
Dieses Training-On-The-Job lässt sich grob in drei Phasen einteilen:
- Phase: Der Coach arbeitet eine zeitlang mit der jeweiligen Gruppe und gibt damit ein Modell für eine bestimmte Arbeitsweise, Theater zu unterrichten. Dabei bemüht er sich, in den unmittelbar anschließenden Gesprächen, seine Vorhaben zu erläutern, zu begründen und Alternativen zu skizzieren. Die zuschauende Lehrkraft erhält damit ein Muster, in welcher Art und Weise Theater unterrichtet werden kann, und kann sich damit auseinandersetzen. Sie entwickelt erste Ansätze für Entwürfe für eigene Gestaltungsmöglichkeiten, die ihre individuellen Anlagen, ihr Persönlichkeitsprofil und ihre Wünschen integrieren und noch fehlende Kompetenzen für einen qualifizierten Theaterunterricht sichtbar machen.
- Phase: Die betreute Lehrkraft bringt sich nach und nach mit eigenen Vorstellungen und Anregungen in den Prozess ein. Der Unterricht gestaltet sich dabei zunehmend zu einem Teamteaching, zu spontaner Zusammenarbeit in der Klasse in einem ergebnisoffenen Prozess, in dem das Arbeitsergebnis, die (geplante) Aufführung, erst nach und nach entsteht. Dabei werden vorrangig die Interessen und Wünsche der Kinder erfragt und improvisierend nach theatralen Gestaltungsmöglichkeiten gesucht. Die Lehrkraft gewinnt langsam Sicherheit durch die Vorgabe eines bestimmten Arbeitsmusters und durch die direkte Beteiligung ihres Coachs. Reflektierende Vorbereitungs- und Nachgespräche sichern die kontinuierliche Zusammenarbeit. Der Coach macht Angebote für vertiefendes Selbststudium durch entsprechende Literaturangaben und durch gemeinsame Besuche von Theateraufführungen und Fortbildungsveranstaltungen bzw. Tagungen.
- Phase: Die gecoachte Lehrkraft gewinnt zunehmend an Sicherheit in der Steuerung des Lernprozesses, und der Coach zieht sich sukzessive aus dem Teamteaching zurück. Er beobachtet in der Schlussphase nur noch und gibt entsprechendes konstruktive Feedback und Anregungen, deren Umsetzung er in den folgenden Treffen überprüft. Am Ende des Trainings-On-The-Job erhält der Coachee vom Coach eine „Prüfungsaufgabe“, in der er nachweist, dass er wesentliche Qualitätsmerkmale der Kunst, Theater zu lehren, erfüllt.
In meinem Fall hat die Lehrkraft in einer Abschlussstunde mit ihrer gemischten Gruppe mit Vorschulkindern und Kindern einer ersten Klasse das Kinderbuch „Das gehört mir!“ von Lionni, Leo[1] szenisch umgesetzt und demonstriert, dass sie wesentliche Grundlagen der Kunst, Theater zu lehren, beherrscht.
[1] Lionni, Leo (2017): Das gehört mir! Weinheim: Beltz & Gelberg Verlag
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