Kast, Bas 2015: Und plötzlich macht es Klick! Das Handwerk der Kreativität oder Wie gute Ideen in den Kopf kommen. Frankfurt/M: S. Fischer Verlag. 265 Seiten – Rezension
Kast belegt eindrucksvoll – untermauert mit neusten wissenschaftlichen Studien – dass Höchstleistungen, egal in welchem Fachgebiet, im wesentlichen durch Fleiß und Ausdauer erbracht werden. Das Genie, das lediglich durch Geistesblitze Außergewöhnliches erbringt, verbannt er zurecht in das Reich der Mythen und Märchen. Eine mutmachende Botschaft für alle mit mittelmäßiger Intelligenz und durchschnittlichem Potenzial, Begabung und Begabung, aber Menschen, die mit Leidenschaft und Offenheit für die Welt und ihre Menschen ihre Ideen verfolgen und dabei nicht bei den ersten Fehlversuchen die Flinte ins Korn werfen, sondern beharrlich, auch gegen Widerstände, „ihren“ Weg suchen und dabei auch lange und intensiv ihr Handwerk üben. Bei denen besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass es KLICK macht und sich Kreativität Bahn bricht.
Alte Wahrheiten, aber zurecht wieder in Erinnerung gebracht, leider mit einer kleinen Portion pauschaler Pädagogikschelte, statt einer Unterstützung pädagogisch sinnvoller Ansätze.
Inhalt
Einführung: Gute Ideen sind mehr als Geistesblitze 9
1 Das Ungewohnte beflügelt die Phantasie
Eine Caféteria mit schockierendem Angebot 21
Kreativer Frühstücken 28
Kafka schärft den Verstand 34
Wie gegrillter Aal das Denken lockern kann 39
Zwei Sprachen, zwei Denkweisen 48
Ein dickes Adressbuch erhöht das Risiko für gute Einfällte 55
2 Mit der Entspannung kommen die Ideen
Im Meditationslabor 65
Ein Gorilla wird unsichtbar 72
Was Wodka, Schläfrigkeit und die Farbe Blau gemeinsam haben 78
Wenn das Gehirn offline geht, kommt die Phantasie in Fahrt 87
So arbeiten Genies 97
Je mehr Alpha, desto origineller der Einfall 101
Zu den Risiken und Nebenwirkungen der Ritalin-Gesellschaft 109
3 Über die lebenslange Lust an der Neugier
Kinder sind schöpferischer als Erwachsene – und umgekehrt 119
Vom Schüler zum Entdecker: Weniger Pädagogik ist mehr 127
Feynmans Vater oder Eine Erziehung zu eigenständigem Denken 132
Was einem verraten wird, kann man nicht mehr selbst herausfinden 136
Wer übt, begabt sich selbst 147
4 Von der Gruppe zum kreativen Team
„In der Savanne gab es auch keine Stockwerke“ 159
Ein Team von Stars ist nicht dasselbe wie ein Star-Team 161
Wie man der Gruppen-IQ steigert 165
Was tun mit Selbstdarstellern und Narzissten? 172
Gutes Brainstorming, schlechtes Brainstorming 176
Steve Jobs’ Ein-Klo-Prinzip 184
Vom Wert gemeinsamen Kaffee- und Bierpausen 191
Orte mit hohem Kreativitätsquotient 192
5 Wie sie ihre eigene kreative Nische entdecken
Genie – eine Sache von Talent oder Training? 199
Der weltberühmte Komponist, der keine Noten lesen kann 202
Was an kreativen Möglichkeiten in uns steckt, ist unvorhersagbar 207
Vom Rebhuhnjäger zum revolutionären Wissenschaftler 211
Woran erkenne ich, dass ich mein Ding gefunden habe? 215
Schnittstellen sind Hotspots für das Neue 222
In der Nische wirst du, wer du bist 228
Das Buchmarkt boomt und füllt die Regale der Ratgeber zum Kreativ- und Glücklichwerden, je mehr sich die Menschen der Ressourcen des gesamten Planeten bedienen können und damit den Zugriff auf tendenziell alles an Rohstoffen und Intelligenzen haben. Die grenzenlose Kommunikationsfähigkeit treibt die Spezialisierungen in allen Bereichen auf die Spitze und beschleunigt die Innovationen. Die Welt wird für den Einzelnen ob ihrer Vielfalt und Gleichzeitigkeit an Widersprüchlichem kaum mehr aushaltbar interpretierbar. Das macht Angst und steigert die Sehnsucht nach dem individuellen Glück.
Kast bedient diese Suche mit seinen Hinweisen auf die Einfachheit von Erfolgen, wenn man sich die richtigen Ziele steckt und sich der richtigen Mittel und Methoden bedient.
Ohne Fleiß kein Preis! Kennen wir schon lange. Ändert aber nichts daran, dass es richtig ist. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen! Wissen wir, deshalb ist das Üben ein wichtiger Bestandteilt von Meisterschaft. Nur die Weltfremden sehen das anders: Den Seinen gibt’s der Herr im Schlaf! Ja schön wärs. Ist es aber nicht.
Kast untermauert alte Menschheitsweisheiten mit Ergebnissen neuerer wissenschaftlicher Untersuchungen und erzählt die alte Geschichte vom Lernen, leider wie das so oft in dieser Art Literatur zu finden ist, lückenhaft und marktgerecht.Das geht „natürlich“ nicht ohne eine ordentliche Portion undifferenzierter Bildungsschelte und Schul-Bashing.
Kast geht leider auch einem stereotypen Pädagogikverständnis auf den Leim, statt in differenzierter Weise die pädagogischen Ansätze in den Blick zu nehmen, die die Sache menschengerechter anpacken und belegt haben, dass sie funktionieren.
Insgesamt kann Kasts Beitrag jedoch einen hilfreichen Beitrag zur Angstbewältigung leisten, indem er zeigt, wo der Frosch die Locken hat, nämlich zunächst und zuallererst bei jedem Einzelnen und der Beantwortung Fragen: Was will ich und warum? Und: Wann bin ich zufrieden? Dann geraten die wichtigen Dinge des Lebens in den Fokus. Und diejenigen Menschen, die einzigartige Spitzenleistungen erbringen, erkaufen diese zumeist mit einzigartigen Verlusten wie z.B. ihrer Kindheit und einem langen zufriedenen Leben. Glückseligkeit? Fail!
Hier mal noch ein paar Dinge ins Gedächtnis gerufen, die vermutlich bedeutsam sind:
- Eine gute Balance zwischen Anspannung (intensive konzentrierte ungestörte Arbeits- und Übungsphasen) und Entspannung (bewusstes Nichtstun, im Wald rumlaufen) fördert die Gesundheit und die Zufriedenheit und steigert den Einfallsreichtum (Hinweis, was guter Unterricht beinhalten muss).
- Vernetzung mit verständnisvollen Menschen, die auch und gerade anders sind als man selbst, steigern den Einfallsreichtum (Hinweise, wie wichtig ein vertrauensvolles Verhältnis in der Lerngruppe ist).
- Mehr als 60.000$ Jahreseinkommen ergeben keinen automatischen Zuwachs an Zufriedenheit.
- Pädagogik heißt nicht autoritär vermitteltes Stofffressen, sondern hilfreich-konstruktive Unterstützung zum und beim Selbstlernen in lustvoll, vertrauensvoller Atmosphäre und Umgebung (Hinweis, dass Lehrkräfte Lernsettings kreieren sollten, in denen Schüler selbstständig experimentieren können).
Die Liste ließe sich noch ein wenig verlängern. Aber das steht alles schon in den zahlreichen anderen Büchern zum Glücklich- und Kreativwerden … und in den Büchern, wie man Kinder an das Theater-Machen heranführen kann 😉
Weiterführendes
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