Mangold, Christiane (Hg) 2006: Grundkurs Darstellendes Spiel 1. Sek II. Braunschweig: Schroedel Verlag. 152 Seiten – Rezension
Mangold orientiert sich mit ihrem Entwurf für einen Grundkurs Darstellendes Spiel im Theaterunterricht für die Oberstufe in Form von Projektbeschreibungen an den Entwicklungen des professionellen Theaters.
Sie steht damit in der Übergangszone zwischen traditionellen literarisch orientierten werktreuen Inszenierungen meist klassischer Dramen und Eigenproduktionen mit hohen Anteilen postdramatischer Spielweisen (vgl. Wenzel und Roth-Lange).
Inhalt
Projekte:
Frank Wedekind: Frühlingserwachen
Dante Alighieri: Göttliche Komödie, Das Inferno
Anonyym/Friedrich Hebbel: Die Nibelungen
Helmut Krausser: Haltestelle.Geister.
Collagen:
Schmarotzer
Brechtreiz
Ihr Konzept orientiert sich demnach an der großen Theaterliteratur des Profitheaters, wobei sich die von ihr durchgeführten Theater-Projekte „teilweise sehr weit von den Originaltexten entfernt haben. Neue Figuren und fremde Texte tauchen auf, ganze Szenen und Textpassagen sind gestrichen. Auf diese Weise entstehen ganz eigenständige Interpretationen der Stücke.“ (4)
In dieser Konzeption für Schultheater bildet sich das veränderte Theaterverständnis des professionellen Theaters ab.
Nicht mehr die Botschaft des Dramentextes sei Maßstab einer Inszenierung, sondern der subjektive Bezug der Theaterspieler soll zur entscheidenden Bezugsgröße werden.
Stücke müssten auf ihre Aktualität hin befragt werden. Subjektive Zugriffe der Spieler müssten gefunden werden. Auf platten Realismus müsse verzichtet werden. Es gehe darum, Realität nicht abzubilden, sondern Bilder und Abstraktionen für diese Wirklichkeit zu finden.
Dazu müsse ein Konzept entwickelt werden, in dem sich die theatralen Mittel dieser Umsetzung der Texte unterwerfen. Dabei gelte es auch formalästhetische Überlegungen anzustellen und die Formensprache der Jetztzeit anzupassen, sodass Oberstufenschüler des 21. Jahrhunderts erkennen, was diese Theaterform mit ihnen zu tun hat „und sie auf diese Weise ihrem Publikum auch etwas über sich erzählen können.“ (5)
Mit diesem veränderten Theaterverständnis und der Übertragung auf Konzepte für Theaterunterricht in der Schule geht auch ein verändertes Verständnis des Rollenkonzeptes einher.
Wiederum angenähert an professionelles Theater und doch mit dem entscheidenden theaterpädagogischen turn, nicht nur in einer übernommenen Rolle die Chance zu sehen, „sich in andere Figuren zu versetzen, wie sie zu denken und zu handeln, ihren tiefsten Geheimnissen und Sehnsüchten auf die Spur zu kommen und sie zu den eigenen zu machen.“ (7)
Um die im Kopf entstandenen Bilder auf die Bühne zu bringen, braucht es allerdings „viel Kenntnis, Erfahrung und Übung. […] wenn man eine Geschichte überzeugend erzählen will.“ (7) Dabei ist „eine der wichtigsten Voraussetzungen für das Theaterspielen“, dass man die Ausdrucksmittel des Theaters kennt.
Das wichtigste Instrument beim Theaterspielen sei der Körper, und es sei „also sinnvoll, sich der Gestaltung einer Figur zunächst von ihrem Körperausdruck her zu nähern; die Sprache, der Text entwickeln sich dann oft von allein.“ (8)
Mangold beschreibt zu jedem der nun folgenden theatralen Mittel entsprechende Übungen, mit denen diese Mittel zum Einsatz kommen können.
Der Raum übe einen wesentlichen Einfluss auf das Spiel, und die Positionen und Stellung der Figuren im Raum und zueinander haben bereits eine inhaltliche Bedeutung und vermittle eine inhaltliche Aussage (vgl. 10).
Für den Einsatz von Requisiten definiert Mangold drei Möglichkeiten, erstens das Spiel und die Figur unterstützend, zweitens das Requisit als Gegenspieler und drittens verfremdet, im übertragenen Sinn, symbolisch.
Die Mittel Sprache und Sprechen sieht Mangold immer im Zusammenhang mit dem Körper und rät ab, vom isolierten Text-auswendig-lernen, damit sie Emotionen transportieren können. Bühnensprache sei nur in „langwieriger Arbeit“ erlernbar und „bedürfe langfristiger, planvoller Übungen, wenn sie Erfolg zeigen sollen.“ (15)
Kostüme „dienen der Charakterisierung der Figur, sie unterstützen die Darstellung, sie sind Teil der optischen Gesamtwirkung.“ (16) Sinnvoll sei es, alle Spieler „in ein sogenanntes Grundkostüm [in gleicher Farbe] zu kleiden.“ (16) Versatzstücke könnten dann die jeweiligen Figuren unterscheidbar machen.
Für das Bühnenbild empfiehlt Mangold „weniger ist mehr“ und auf der Bühne habe alles eine Funktion.
„Erst durch das Licht wird eine theatrale Realität erzeugt.“ Licht lenke den Blick des Publikums, so erzeuge beispielsweise „das langsame Ausblenden Ruhe, Melancholie und Nachdenklichkeit beim Zuschauer.“ (18)
Da aber Schulbühnen selten komplexe Lichteinstellungen ermöglichten, könne man sich „mit anderen Lichtquellen wie Lampen, Laternen, Taschenlampen, Kerzen, oder Overheadprojektoren behelfen und dadurch Atmosphäre schaffen.“ (19)
Musik und Geräusche können Umbaupausen überbrücken, einen zusätzlichen Ausdruck erzeugen, die Spielhandlung unterstützen, kommentieren, verfremden oder strukturieren.
Die folgenden sieben Projekt- und Collagen-Beschreibungen von sieben verschiedenen Autoren liefern neben den Dramentexten weiteres Material (Informationen über den Autor, die Zeit, die Aufführungsgeschichte usw.) und machen Vorschläge für den Einsatz der zuvor kurz beschriebenen Mittel.
Die Beschreibungen bieten für einen Lehrer, der das entsprechende Drama mit Schülern inszenieren will, zahlreiche Anregungen.
Zwei Seiten Glossar wichtiger Fachbegriffe beschließen den Band.
Mangold, Christiane (Hg)(2007): Grundkurs Darstellendes Spiel 2. Sek II. Braunschweig: Schroedel Verlag. 152 Seiten – Rezension
Mangold leitet ihren zweiten Band Grundkurs Darstellendes Spiel mit weiteren fünf Projekt- und Collagenbeschreibungen von fünf verschiedenen Autoren mit einem etwas überarbeiteten neuen Abschnitt im Editorial ein.
Inhalt
Projekte:
Friedrich Schiller: Die Jungfrau von Orleans
Georg Büchner: Woyzeck
William Shakespeare: Romeo und Julia
Collagen:
Die Nacht ist nicht allein zum Schlafen da
Boîte de Nuit – Szenen an den Ufern der Nacht
Diesem folgt auf sechszehn Seiten ein nochmaliger Abdruck exakt des gleichen Textes mit den knappen Erläuterungen zum Einsatz der theatralen Mittel und ein paar wenigen kurz beschriebenen Übungen, der bereits im ersten Band erschienen ist.
Die Absicht der Herausgeberin mit beiden Bänden ist es, „bei der Arbeit im Schultheater Anregungen und Hilfestellungen [zu] geben und […] eine unverwechselbare Produktion zu verwirklichen.“ (4) Die beschriebenen Inszenierungen „verweisen größtenteils auf die große Theaterliteratur“, […] die man üblicherweise im Profitheater sehen kann.“ (4)
Am Ende wird nochmals das gleiche Glossar abgedruckt wie es schon im Band 1 veröffentlicht wurde.