Die Zukunft des Theaters – Postdramatic kills drama but theatre completely too
Es ist erschreckend welche Kommunikations-Un-Kultur scheinbar Standard ist, und (Hochschule-)Lehrer(!) ihre „Vorträge“ zum Teil in rasender Geschwindigkeit wie in einem Schnelllesewettbewerb vom Blatt ablesen, so als ob das Publikum möglichst nicht oder nur bruchstückhaft etwas mitbekommen sollte. Es sind Texte die man doch eigentlich als Aufsätze in Ruhe selbst lesen möchte, zumal sie meist hochdicht im Inhalt und manchmal auch hochkomplex im Stil sind (siehe die YouTube-Videos; Links weiter unten!).
Hier sprechen Experten der Kommunikation, Experten der künstlerischen Kommunikation, die einhellig behaupten, das Publikum sei Wesensmerkmal des Theaters und unabdingbar. Das ist richtig, zum Kommunizieren, ob Alltag oder Kunst, brauchts immer mindestens zwei, einen der was macht und ausdrückt und einen der dies versucht aufzunehmen. Wieso sollte das für eine Kommunikationssituation wie diese hier nicht gelten? Oder will man einfach nur im Subtext mitteilen: Wenn ihr mich nicht versteht, dann seid ihr einfach zu blöd. Oder: Ich hab nur 20 Minuten, aber ich zeige euch mal eben ganz schnell, was ich alles in den letzten 10 oder 20 Jahren Schlaues zusammengedacht habe, aber in einer möglichst abstrakten und komplexen Sprache, die mehr verwirrt als aufklärt, mehr der eigenen Eitelkeit verpflichtet ist denn wirkungsvoller Lehre.
Sollten Lehrer nicht sinnvollerweise über ihre Texte und deren Inhalte frei sprechen, statt ihre Texte vorzulesen, wie es vor 500 Jahren in Vorlesungen nötig war? Sollten sie nicht sinnvollerweise zeigen, wie offene Auseinandersetzung und Diskurs funktionieren? Die Kritik an dieser Vorlese-Un-Kultur eines Zuhörers als „Beleidigung“ zu empfinden und das auch noch so zu formulieren, zeigt dann auch nur: Hier fühlt sich einer gekränkt und will nichts verstehen. Das ist pure Arroganz.
Schade, denn der Vortrag von Stegemann ist äußerst präzis und trifft exakt den Fokus des Themas/ Problems, um das es geht. Diese Thema/ Problem hat er aber auch schon in seinen Büchern hervorragend entfaltet dargelegt, insbesondere in „Lob des Realismus“ und „Kritik des Theaters“. Wo ist also der Erkenntnisgewinn einer solchen Veranstaltung und wo der Mehrwert einer Videoaufnahme einer solchen Statement-Reihung auf YouTube?
Bezug
Die Zukunft des Dramas aus literatur- und theaterwissenschaftlicher Perspektive (01)
Die Zukunft des Dramas aus literatur- und theaterwissenschaftlicher Perspektive (02)
Einstieg ins Inhaltliche gibt es auch zum Nachlesen > https://angewandte-theaterforschung.de/stegemann-bernd-lob-des-realismus/
Weiterführendes
- Hegemann, Carl 2005: Muss Theater Theater sein? Die Bühne als Anachronismus und Paradigma der Mediengesellschaft. In: Hegemann, Carl 2005: Plädoyer für die unglückliche Liebe. Texte über Paradoxien des Theaters 1980-2005. Herausgegeben von Sandra Umathum. Recherchen 28. Berlin: Theater der Zeit: 203-208
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