Studie über Theaterunterricht
Die Ergebnisse der ersten empirischen Studie über Theaterunterricht sind nun veröffentlicht. 46 ausgebildete Theaterlehrkräfte aus 8 Bundesländern unterrichteten mit dem „Kursbuch Theater machen“ im Schuljahr 2014/15 in der Mittelstufe.
Damit wurde dieses Schülerarbeitsbuch in einem ersten Praxistest einer wissenschaftlichen Evaluation unterzogen und die Erfahrungen der Lehrkräfte eingesammelt und ausgewertet.
Die Studie und ihre Ergebnisse sind in der Dissertation „Theater als Unterrichtsfach – Didaktische Überlegungen und Konstituenten für ein Konzept für Theaterunterricht“ dargestellt > http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:hbz:467-13353, und die daraus abgeleiteten Erkenntnisse sind in die 2018 erschienene Theater-Didaktik „Die Kunst Theater zu lehren – Didaktik für Theater und Darstellendes Spiel“ eingearbeitet worden > https://angewandte-theaterforschung.de/die-kunst-theater-zu-lehren-didaktik-fuer-theater-und-darstellendes-spiel-neuerscheinung/.
Es gilt: „Der Aussagewert der empirischen Untersuchung muss auf dem Hintergrund zahlreicher Einflussgrößen beurteilt werden, die sich in keiner experimentellen Laborsituation konfigurieren lassen und wiederholbar sind wie z.B. die vielfältigen Arbeitsbedingungen der Theater-Lehrkräfte, ihr Alter, ihr Geschlecht, ihre Ausbildung, ihr beruflicher Status usw. Dennoch ist es bis zu einem gewissen Grad möglich, die ungeklärten Bedingungen, unter denen die Wirkungen von irgendeinem beliebig ausgewählten Theaterunterricht einer ebenso beliebig ausgewählten Lehrkraft bisher ermittelt wurden, einzuschränken (vgl. Domkowsky 2008). Die Teilnehmer der vorliegenden Untersuchung hatten den Auftrag, sich alle an dem “Kursbuch Theater machen“ (vgl. List 2014a) zu orientieren.
Eingedenk des kritischen Blicks auf mögliche und angemessene Forschungsmethoden stellt Bockhorst die besondere Herausforderung für die Forschung im Bereich Kulturelle Bildung, die auch für diese Untersuchung gilt, dar: „Forschungsstudien über die Qualität und Wirkung […] sind nicht leicht durchführbar, […] Laborstudien […] bleiben in ihrer Aussage begrenzt, […] fachliche Beobachtungen bleiben subjektiv, […] Evaluationen kranken daran, dass die ForscherInnen […] kaum mehr einen unabhängigen, reflektierten Blick auf den Gegenstand gewinnen können.“ (Bockhorst 2012: 901) Insofern versucht diese Arbeit, den Blick und den Akzent auf das zu legen, was allem Forschen vorangeht und ohne das es kein Forschen gibt: Mit offen Augen und Ohren, mit Achtsamkeit, mit allen Sinnen dem Geschehen zu begegnen und sich in einen unendlichen Oszillationsprozess, einen Diskurs zu begeben.“ (List 2018: 260)
Die Theater-Didaktik markiert damit einen wichtigen Meilenstein zur weiteren Professionalisierung des Unterrichtsfaches Theater/ Darstellendes Spiel. Dies ist bedeutsam, da bisher keine Unterrichtslehre vorgelegt wurde, weder aus dem Bereich der Theaterkunst noch aus dem Bereich der Theaterwissenschaft (vgl. u.a. https://angewandte-theaterforschung.de/hilliger-2018-keine-didaktik-der-performativen-kuenste/und https://angewandte-theaterforschung.de/hentschel-2016-theater-lehren-didaktik-probieren/).
Ebenso hilfreich ist die Einrichtung eines zweiten grundständigen Lehramtsstudiengangs für Theaterlehrkräfte in Deutschland. Neben dem Universitätsverbund von fünf Hochschulen in Braunschweig/ Hildesheim/ Hannover soll nun auch an der Universität der Künste in Berlin vorbehaltlich der Zustimmung der Senatskanzlei, Abteilung Wissenschaft und Forschung, zum Wintersemester 2018/19 ein Lehramtstudiengang Theater eingerichtet werden > https://www.udk-berlin.de/studium/theaterpaedagogiklehramt-theater/.
AT möchte auch in Zukunft weiterhin Unterstützungsleistungen insbesondere für Theater-Lehrkräfte und Theater-Pädagogen erbringen. Geplant ist eine Fortschreibung der Reihe „Theater und Darstellendes Spiel in der Praxis“ > https://angewandte-theaterforschung.de/theater-und-darstellendes-spiel-in-der-praxis-band-1-erzaehltheater-unterrichtsanregungen-3-4-klasse/.
In den Beiträgen soll beispielhaft gezeigt werden, wie sich Theaterunterricht auf der Basis der vorgestellten Fach-Didaktik konkretisieren kann.
Weiterhin ist eine Langzeitstudie in Vorbereitung, die aufzeigen soll, in welcher Weise regelmäßige Theaterarbeit, insbesondere im Klassenverband, SchülerInnen von der Vorschule bis in die vierte Klasse unterstützen kann, eine solide kulturelle Grundlagenkompetenz zu erwerben.
Die große Nachfrage nach der wissenschaftlichen Studie, welche die „Kunst Theater zu lehren“, die „Didaktik für Theater und Darstellendes Spiel“, fundiert, zeigt das große Interesse von Menschen, die Theater als Kunstform unterrichten: Ca. 10.000 mal wurde die Dissertation in den ersten Jahren nach Erscheinen von der Universität Siegen angefordert. Dies entspricht ca. der Anzahl ausgebildeter Theaterlehrkräfte in Deutschland.
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