Wenzel, Stefanie/ Bierwirth, Heidi 2017: Theaterarbeit mit Förderschülern: Praxisleitfaden zum Darstellenden Spiel im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung. Hamburg: Persen Verlag. 72 Seiten – Rezension
„Beim Theaterspielen im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung spielt die Heterogenität der Theatergruppe eine besondere Rolle. Die Schüler bringen sehr unterschiedliche Kompetenzen mit, die von der Lehrkraft berücksichtigt und gefördert werden müssen. Der vorliegende Band bietet Ihnen einen praxisnahen Leitfaden für die theaterpädagogische Arbeit mit Schülern im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung. In neun Schritten wird der gesamte Prozess von der Gruppenfindung bis zur Aufführung beleuchtet. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, wie Theaterarbeit so gestaltet werden kann, dass alle Schüler mit ihren Bedürfnissen und spezifischen Möglichkeiten einbezogen werden können. Diese Frage beantwortet der Band mit praktischen Beispielen und theoretischen Hintergrundinformationen.“ So steht es auf der Website des Verlages [abgerufen am 29.03.2018].
Marektingtexte beschreiben zuweilen eher Wunschdenken, denn Wahrheit. In diesem Fall ist das anders. Prägnanter kann man die angekündigte Leistung der beiden Autorinnen sprachlich nicht auf den Punkt bringen. Es gibt wenige Bücher, die vorgeben, theoretisch fundierte Praxisanleitung zu sein, die ich empfehlen mag. Dieses Buch möchte ich ausdrücklich empfehlen.
Inhaltsverzeichnis
Beeindruckend an der Arbeit von Wenzel/ Bierwirth ist die hohe Stimmigkeit ihrer Ausführungen, bezogen auf ihre Absichtsformulierungen und den dann folgenden konkreten Beschreibungen und bezogen auf die theoretische Fundierung der konkreten Praxisanleitungen. Dies ist sicherlich zum einen der Klugheit und dem Einfühlungsvermögen der beiden Autorinnen zu verdanken, zum anderen vermutlich auch ihrer qualifizierten Ausbildung am Schultheaterstudio Frankfurt/M, ihrer profunden Sachkenntnis (siehe Literaturverzeichnis) und sicherlich nicht zuletzt ihrem umfangreichen Erfahrungswissen, das sie über viele Jahre kontinuierlich theoretisch fundiert kritisch reflektierten und reflektieren. Entsprechend gibt es keine dogmatischen Formulierungen, sondern plausibel formulierte Anregungen, was in ihrem Unterricht hilfreich für ihre besondere Klientel war und sich über viele Jahre praktischer Arbeit als wirkungsvoll erwiesen hat und darum eine gewisse Allgemeingültigkeit unter solchen Umständen beanspruchen darf. Das rechtfertigt letztlich die Publikation eines theoretisch fundierten Praxisbuches zum Theater-Machen.
Erstaunlich an den Ausführungen der Autorinnen ist, dass sich ihre Anregungen für Förderschüler nicht grundsätzlich, sondern eher graduell im Anspruch, von einem sorgfältig didaktisch durchdachten Konzept für das Theater-Machen, insbesondere im schulischen Kontext, für alle Kinder und Jugendlichen unterscheidet (vgl. dazu die Prozessbeschreibungen der Kursbücher für die Mittel- und Oberstufe, die Ausführungen zur Grundschule und „Die Kunst Theater zu lehren – Didaktik für Theater und Darstellendes Spiel„).
Immer geht es zuerst um die Beantwortung der Frage: Was muss ich als Lehrkraft tun, um die mir anvertrauten Schüler am besten zu fördern, ohne sie zu unter- oder zu überfordern (vgl. u.a. „Potenzialentfaltung im Theater-Unterricht“ und „Herausforderung, Überforderung, Hyperforderung – Wie lernt man Kunst?„). Dies gelingt Wenzel/ Bierwirth auf vorbildliche Weise. Darum kann ich jetzt schon sagen, dass dieses Buch mit hoher Wahrscheinlichkeit nach Abschluss der Analyse der 100 aktuellen Bücher im Themenbereich Theaterpädagogik zu den wenigen gehören wird, die eine uneingeschränkte Empfehlung erhalten werden. Einzig der Preis ist zu kritisieren. 25,95€ sind für 72 Seiten unangemessen.
Schreiben Sie einen Kommentar