Seitz, Martina 2015: Was soll das Theater? Ein theaterpädagogisches Konzept für die Grundschule. Baltmannsweiler: Schneider Hohengehren. 285 Seiten – Rezension
Seitz stellt fest, dass das Theater in der Grundschule Bayerns bisher wenig Beachtung fand. Sie will deshalb eine generelle Bestandsaufnahme für Deutschland durchführen und dabei den Fokus richten auf Überschneidungen zwischen dem Spiel von Kindern und dem von Schauspielern.
Seitz Dissertation am Lehrstuhl für Deutschdidaktik der Ludwig-Maximilians-Universität in München basiert „auf einem Theaterverständnis, das sich dem gesprochenen Wort verpflichtet fühlt.“ Die Schüler sollen beim Theaterspielen auf der Basis literarischer Texte „schlüssige Figuren [verkörpern]“. Sie „finden ihre Rollen durch Improvisation.“ Diese Herangehensweise habe sie selbst „im Laufe von fünfzehn Jahren Schultheaterarbeit entwickelt.“ (9)
Seitz grenzt sich ihrer Meinung nach damit ab gegen zwei andere Schultheaterfraktionen in Bayern, zum Einen die Fraktion, in der Lehrkräfte fertige Stücke inszenieren, und die Schüler die vorgegebenen Sprechtexte auswendig aufsagen. Diese Form von Schultheater werde funktionalisiert als Dekor für die jeweilige Schule, diene der Unterhaltung und Untermalung bei Schulfeiern. Die andere Fraktion hingegen bevorzuge das „Bewegungstheater, da die Ansicht besteht, Schüler seien nicht bzw. nur bedingt in der Lage, mit Sprache theatergerecht umgehen zu können“. (9)
Auch in dieser Rezension geht es darum – wie in den anderen Buchbesprechungen auch – den Beitrag zu diskutieren, Argumente herauszuarbeiten, auf Gegenpositionen zu verweisen und konstruktive Anregungen im theatralen Diskurs zu ermitteln.
Inhaltsverzeichnis
- Problemhorizont, Forschungsfragen und Vorgehensweise 5
- Vom Spielen und Theater spielen 13
2.1. Kindheit im Wandel 15
2.2. Spieltheorien 18
2.3. Rolf Oerter: Ein handlungstheoretischer Ansatz 25
2.4. Schauspieltheorien 31
2.5. Konstantin S. Stanislawski: Eine Schauspielmethode 42
2.6. Vergleich: Kinderspiel und Theaterspiel 45 - Überblick über das Schultheater 51
3.1. Begriffliche Eingrenzung 51
3.2. Geschichte des Schultheaters 52
3.3. Erscheinungsformen des Schultheaters 56
3.3.1. Das Personale Spiel 56
3.3.2. Das Spiel mit Licht und Schatten, mit Masken und Figuren 66
3.3.3. Mediales Theater 73
3.3.4. Postdramatisches Theater 75
3.4. Schultheater in Bayern 77
3.4.1. Organisation 79
3.4.2. Aus-, Fort- und Weiterbildung 81
3.4.3. Schultheatertreffen 84 - Theater in der Grundschule 89
4.1. Grundschule im Wandel 90
4.2. Der umfassende Bildungsanspruch der Grundschule 92
4.2.1. Grundlegende Bildung vermitteln 92
4.2.2. Ästhetische Erfahrungen ermöglichen 94
4.2.3. Für Werte sensibilisieren 98
4.2.4. Kompetenzen fördern 100
4.2.5. Sich für gesellschaftspolitische V eränderungen öffnen 103
4.3. Durch Theaterarbeit den Bildungsansprüchen gerecht werden10
4 4.4. Schulentwicklung unterstützen 109
4.5. Theater als Fach 11 - Darstellende Spiele in der Grundschule 117
5.1. Spiele zur Gruppenbildung 120
5.1.1. Kennenlernspiele 121
5.1.2. Interaktionsspiele 123
5.2. Spiele zur Schulung der darstellerischen Fähigkeiten 127
5.2.1. Körper 128
5.2.2. Atmung und Stimme 131
5.2.3. Raumwahrnehmung 134
5.2.4. Kostüme und Requisiten 138
5.2.5. Improvisationsspiele 141 - Szenisches Lernen in der Grundschule 147
6.1. Szenisches Lernen im Deutschunterricht 151
6.1.1. Sprechen und Gespräche führen 151
6.1.2. Sprache untersuchen 153
6.1.3. Lesen und mit Literatur umgehen 156
6.2. Weihnachtsfeiern 166
6.2.1. „Die Schneekönigin“ frei nach Jewgenij Schwarz 167
6.2.2. „Eine Weihnachtsgeschichte“ frei nach Charles Dickens 170
6.3. Klassenübergreifendes Projekt: Schule früher – Schule heute 173
6.4. Die Rolle des Lehrers 184 - Schultheater-Produktionen in der Grundschule 191
7.1. Die Rolle des Spielleiters 192
7.2. Arbeitsweise einer Arbeitsgemeinschaft Theater 196
7.3. Spielen nach einer dramatischen Vorlage 197
7.4. Eigenproduktion 202
7.5. Spielen nach einer Literaturvorlage 204
7.6. Spielen nach einer Literaturvorlage und Szenen aus Eigenproduktion 211
7.7. Vergleich der Inszenierungsstile 224
7.7.1. Die Reise durch das Schweigen 230
7.7.2. Reise durch Raum und Zeit 231
7.7.3. Herr der Diebe 232
7.7.4. Ella und andere Schulgeschichten 234 - Resümee 237
- Anhang 243
9.1. Darstellende Spiele 243
9.1.1. Spiele zur Gruppenbildung 243
9.1.2. Spiele zur Schulung der darstellerischen Fähigkeiten 250
9.2. Erfahrungsberichte von Spielleitern 254
9.3. Literaturverzeichnis 268
9.3.1. Primärliteratur 268
9.3.2. Handreichungen für den Unterricht und das Schultheater 268
9.3.3. Zeitschriften 271
9.3.4. Sekundärliteratur 272
9.3.5. Internetadressen 284 - Abbildungsverzeichnis 285
Seitz kritisiert mit scharfen Worten das bayerische Schulsystem und die Lehrkräfte, die den in den bayerischen Curricula formulierten Ansprüchen nicht gerecht würden. Schuld daran sei u.a. die „’frühe Selektion’“ und „’die zu frühe Leistungsbeurteilung’“, zitiert sie Sabine Czerny. Ihr zufolge kämen die meisten Kinder hoch motiviert zur Schule, „’um schon nach kurzer Zeit Neugierde und Wissensdrang zu verlieren.’“ (7)
Lehrer sollten sich zwar fort- und weiterbilden, doch in der Praxis verhielten sie sich meist anders. Sie handelten nach dem Motto, ständig käme etwas Neues, aber das würden sie schon aussitzen. Darum bleibe auch Ute Iaconis’ Konzept des Kompetenzerwerbs beim Theatermachen utopisch (vgl. 102). Im Theaterspiel sieht Seitz eine Chance für eine „mögliche Änderung bzw. Öffnung des bestehenden Schulsystems.“ (8) Ein heroischer(?) Anspruch, mit Theaterspiel das bayerische Schulsystem ändern zu wollen.
Sie sieht in „der noch jungen, sich erst etablierenden Disziplin des Schultheaters“ und der „Fachwissenschaft Deutschdidaktik […] eine Schlüsselfunktion.“ (11) und versucht dazu „eine Bestandsaufnahme der ‚Schultheaterlandschaft’ in Deutschland“, die leider die Entwicklung des Unterrichtsfaches Darstellendes Spiel/ Theater als eigenständiges (!) Fach (nicht als Anhängsel von Deutschunterricht!) gleichberechtigt neben Kunst und Musik in der Oberstufe bzw. Länder mit Theaterunterricht in der Sekundarstufe bzw. in allen Jahrgangsstufen in Schulen in den anderen Bundesländern seit über 20 Jahren vernachlässigt.
Die Verengung des Blicks lediglich bis zu den bayerischen Landesgrenzen stellt die Erreichung der Absicht in Frage, insbesondere, da herausragenden und wegweisende Grund- und Vorschul-Konzepte jenseits des Freistaates Bayern wie beispielsweise Gabriele Czernys „Theater-SAFARI“[1] nicht in den Blick gerät.
Auch Stephanie Vortischs Grundschul-Konzept wird mit wenigen Bemerkungen als post-dramatisch und Modeerscheinung abgetan (vgl. 39), wobei sie ein recht verkürztes Verständnis von Postdramatik rezipiert, das bestenfalls einer kleinen Gruppe von professionellen Theaterensembles bzw. Regisseuren zuzuordnen ist, wenn es um die Gleichrangigkeit der theatralen Mittel geht.
Postdramatik umfasst ein Sammelsurium unterschiedlichster Konzeptfragmente, die nicht stimmig zueinander stehen und selbst als de(kon)struiert auftreten. Hier wäre eine sorgfältigere Rezeption hilfreich gewesen, insbesondere in Bezug auf die performativen Elemente, die in diesem Kontext angesiedelt sind (vgl. Wenzels sehr hilfreiches Buch „Theater in B.E.S.T.-Form. Plädoyer für ein anderes Jugendtheater“ und seine Erläuterungen zu seiner postdramatischen Spielweise, die er bereits Anfang der 1990er entwickelte, in dem Interview mit ihm). Überdies hat Gisela Weidemann mit ihrem Forschungsprojekt[2] eine herausragende Arbeit präsentiert, in der der Übergang von Kindern vom Spielen zum Theaterspielen schlüssig untersucht und dargestellt wird.
So wichtig Seitz’ Forderung nach einer qualifizierten Ausbildung von Theater-Lehrkräften – nicht Deutsch-Lehrkräften, die auch mal Theaterspiel anleiten – ist und diese Forderung zu unterstützen ist, so problematisch ist ihr Theaterverständnis, das sich auf Stanislawski beziehend noch in weiten Teilen dem psychorealistischen Rollenspiel verhaftet ist – Schüler sollen „Hineinschlüpfen in andere Rollen“. (47)
Seitz fragt ihrem Theaterverständnis demzufolge auch zurecht danach, ob es – in Betrachtung der wechselseitigen Abhängigkeit von Gesellschaft und Theater – „eine zeitlose, ‚gute’ dramatische Darbietung überhaupt noch geben kann. (40)
Weitere dramatische Verkürzungen in Seitz Ansatz zeigen sich in ihren Versuchen, das Spielen vom Schauspielen abzugrenzen und Kriterien dafür zu benennen. So erkennt sie zwar, dass das Spielen vor Zuschauern noch kein Theaterspiel ist und dass es dafür einen Spielleiter benötigt, der „das Material ‚in Form bringt’, Schüler zu diesem Zwecke Schauspieltechniken erlernen und anwenden müssen, und diese „Fertigkeiten“ der Spielleiter mit zahlreichen Übungen trainieren kann, diese aber „unauffällig in das Spiel integriert werden“ sollen. (49) Z.B. werde beim Theaterspielen auch die Kompetenz des lauten, deutlichen Sprechens „geschult, ohne sie explizit einzuüben.“ (106) Zunächst einmal ist lautes, deutliche Sprechen keine Kompetenz, sondern eine Technik. Hier zeigt sich, wie des öfteren in Seitz Arbeit, eine ungenaue Begriffsverwendung. Warum dieses Training „unauffällig“ geschehen soll, erfährt der Leser nicht. Es ist doch gerade Sinn und Zweck des Übens und Trainierens, bestimmte Fertigkeiten für einen bestimmte Zwecke zu erlernen; gerade so, als ob im Künstlerischen das Erlernen des Handwerks zu verheimlichen sei. Im Gegensatz dazu zeigt sie unvermittelt explizit und u.a. Liebau zitierend, wie bedeutsam das Üben ist (vgl. 118, 120, 121)!
Folgerichtig definiert Seitz ein nachahmendes Spiel der Kinder ihres unkritischen Medienkonsums als „etwas Künstlerisches“, da alles „unzensiert“ in das Spiel einfließe und über die Nachahmung hinaus „immer auch individuelle kreative Momente“ enthalten seien. (50)
Eine derartige Verkürzung des Theater-Kunstbegriffs auf „etwas“ Kreativität kann keine hinlängliche Voraussetzung dafür sein, Kindern eine angemessene Lernchance zur kulturellen Bildung durch das Theaterspielen, besser: Theatermachen, zu eröffnen.
Seitz stellt im Folgenden die von ihr (9) entwickelte Konzeption ihrer Form von „Sprechtheater“ vor.
Schüler sollen in einem Referat Bücher vorstellen, „die sie gern als Theaterstück umsetzen möchten.“ (60) Dabei sollen sie schon bei ihrer Wahl „darauf achten, ob sich die Vorlage dramatisieren lässt.“ (60) Harry Potters Abenteuer ließen sich z.B. schlecht „auf einer kleinen Schultheaterbühne“ (61) realisieren, da man die aufwändigen Zaubertricks und Effekte nur schlecht herstellen könne.
Seitz machte die Erfahrung, dass Kinder offensichtlich stark geschlechtsspezifische Themen auswählen, Mädchen bevorzugten eher Beziehungsthemen, Jungs eher Abenteuer. Sie empfiehlt daher Themen wie sie z.B. in „Lippels Traum“ von Paul Maar behandelt werden, da sie Jungen und Mädchen gleichermaßen ansprechen würden. Die Empfehlungen der Kinder spielen demzufolge dann offensichtlich keine Rolle mehr.
Die folgenden Schritte bezeichnet Seitz als „anspruchsvoll“ (61), denn nun gelte es, „mit den Schülern durch Improvisation die Figuren und die Spielhandlung“ zu entwickeln. (61) Der Spielleiter stehe aber nun im Spagat: „’Er sollte ‚eine regulative Instanz darstellen, und einerseits mit Offenheit und ermutigender Experimentierfreude die Gruppe anregen, andererseits aber auch mit dramaturgischem Wissen dem Stück eine adäquate inhaltliche und sprachliche Form geben’“, zitiert sie Klepacki.
Es zeigt sich: Hier wird ein professionelles Vorgehen imitiert, wie es im traditionellen Regietheater der Fall ist. Nicht die Schüler bestimmen – nachdem sie das Theaterhandwerk eingeübt haben(!) – über die Formgebung mit, nicht sie entwickeln selbst die Sprechtexte ihrer Figuren, sondern der Spielleiter.
Unklarheiten in der begrifflichen Präzision und einer stringenten Argumentation zeigen sich u.a. neben der häufigen Verwendung von Anführungszeichen (vgl. z.B. 119), in die unklare Begriffe gesetzt werden, und in Seitz’ Ablehnung von „klassischem Tanz, Pantomime oder Commedia dell’ arte mit Schülern […], da diese Kunstformen zu umfassend und die Techniken zu komplex sind.“ (63) Stattdessen empfiehlt sie Zirkustheater.[3]
Hier stellt Seitz unbegründet unterschiedliche Spielformen gegeneinander, ohne zu beachten, dass es letztlich um die Beantwortung der Frage geht: In welcher Weise und in welchen Formen lassen sich unterschiedliche theatrale Spielformen als kulturelle Bildung durch das Theatermachen nutzen und wie müssen diese alters- und leistungsgemäß gestaltet werden. Jede Spielform kann anspruchsvoll und komplex oder auf sehr einfachem Niveau zum Lerngegenstand geformt werden (vgl. z.B. die Bewegungsanregungen von Graham Smith und Gabriele Klein[4]; auch Weidemann zeigt überzeugend, wie Vorschulkinder über die Nutzung von einfachen Stabpuppen theatrale Ästhetik herstellen können).
Versuche der theoretischen Beschreibung des Theaterspielens, wie die hier vorgelegte, wurden bereits vielfach vorgelegt. Sie erschöpfen sich in bereits allzu Bekanntem: „Schüler wählen ‚ihr Thema’ [es sei denn die Lehrkraft bestimmt es mit „Lippels Traum“ Anm. v. V.L.], z.B. ein Stück, ein Gedicht oder einen Roman. Da sie in das Finden des Themas einbezogen sind, fühlen sie sich ernst genommen und übernehmen Verantwortung für ihre [sic!] Wahl. Sie üben sich in demokratischen Verhaltensweisen, denn das Mehrheitsergebnis muss von allen akzeptiert werden. In einem nächsten Schritt setzen sich die Schüler mit den Inhalten lesend [sic!] auseinander. [Alle anderen Verfahren, die seit Jahrzehnten im Theater praktiziert werden, lehnt Seitz ab.] Themen, die ihrem Erfahrungshorizont entsprechen, stehen im Mittelpunkt. In konkreten Probenphasen experimentieren die Schüler durch das Hineinschlüpfen in fremde Figuren mit vertrauten und ungewohnten Verhaltensmöglichkeiten. […] Die Schüler improvisieren und erfinden Spielhandlungen. Sie orientieren sich dabei an der Vorlage oder passen das Geschehen den Bedingungen, die die Theater-AG vorgibt an. Sie erfinden neue Figuren dazu, ändern das Geschlecht der darzustellenden Figuren und denken sich weitere Szenen aus.“ (106)
Seitz spricht von sogenannten Schultheaterkreisen, in denen das Bewegungstheater bevorzugt werde, und beschreibt zwei vorbildhafte Projekte („Rhythm is it!“ und die Helene-Lange-Schule in Wiesbaden).
Wie sie ihre Bewunderung, insbesondere des Bewegungstheaters, mit der Bevorzugung ihres literarischen Sprechtheaters mit einem eingeschränkten Rollenkonzept vermittelt, bleibt offen.
Sie fordert nun überraschend, dass es kein Fach Theater in der Grundschule geben dürfe, sondern nur „freie“ (114) Arbeit, und diese sollte von professionellen Künstlern angeleitet werden. Wie diese gewünschte „freie“ Arbeit mit dem autoritären und Disziplin erzwingenden exkludierenden Konzept und der Arbeitsweise von Maldoom zu vereinbaren ist, erläutert Seitz nicht). Die Beschreibung der verschiedenen Konzepte bleibt additiv, sie werden nicht argumentativ aufgearbeitet und kontextualisiert. Auch sich gegenseitig ausschließende Argumente werden häufig unvermittelt nebeneinander gestellt, wie es beispielsweise sichtbar wird in der eingangs formulierte Forderung der Textbasiertheit des Theaterspielens und der im Fazit formulierten Ablehnung (vgl. 237).
Ebenso wenig nachvollziehbar stehen ihre Beschreibungen nach der persönlichkeitsbildenden Wirkung des Theaterspielens (vgl. u.a. 238) unvermittelt neben ihrer Forderung, „das Theater in diesem Kontext nicht zu funktionalisieren und für pädagogische und erzieherische Zwecke zu ‚missbrauchen’“, und redundant vorträgt, dass der „Sinn und Ziel von Theaterarbeit im Rahmen einer Theater-AG […] die Theaterarbeit sein“ sollte. (238)
Entsprechend bleibt auch ihre Ablehnung von Bewertungen künstlerischer Arbeit folgerichtig in ihrem verengten und veralteten Theaterverständnis befangen, denn diese sei „an die Person des Darstellers gebunden, von der jeweiligen Situation abhängig und darum einmalig und nicht wiederholbar. Das trifft auf Schauspieler und Schüler zu. Aus diesem Grund lassen sich im schulischen Kontext auch keine eindeutigen Bewertungskriterien nennen.“ (116)
Ein sorgfältiger Blick aus Iaconis’ und Lists ausgearbeitete Bewertungskriterien und Kompetenzmodelle und eine argumentative Auseinandersetzung auf dem Kontext eines zeitgemäßen Theaterunterrichtes findet nicht statt.
Überdies erschweren durchgängig die fehlenden Jahreszahlen der zitierten Quellen bzw. zu häufige fehlerhafte Zitierweise den Nachvollzug im Diskurs.
In ihrem Fazit empfiehlt Seitz allen „geeigneten Universitäten […] eine Einführung eines freiwilligen Erweiterungsstudienganges ‚Darstellendes Spiel’ für theaterinteressierte Studenten, wie in Bayern bereits die Universitäten Erlangen und Bayreuth anbieten.“ (238) In dieser Ausbildung – und hier ist Seitz vorbehaltlos zuzustimmen – sollten die Studierenden auf einer Fachdidaktik basierend mit „angemessenen theaterpädagogischen Mitteln bekannt“ gemacht werden. (240) Ebenso zuzustimmen ist ihrer Forderung nach einer empirischen Absicherung, welche Bildungsprozesse speziell beim Theaterspielen von Schülern ablaufen,“ (239) wobei vorliegende außerbayrische Studien nicht gesehen werden (vgl. beispielsweise Domkowsky[5], Wenzel[6]).
Ein Desiderat der vorgelegten Arbeit wird leider nicht sichtbar.
[1] Czerny, Gabriele 2010: Theater-SAFARI. Praxismodelle für die Grundschule. Braunschweig: Westermann
[2] Weidemann, Gisela (Hg) 2010: Jetzt machen wir Theater! Troisdorf: Bildungsverlag EINS
[3] Zur Verwirrung tragen auch beliebige nicht nachzuvollziehende und willkürliche Eigendefinitionen bei, wie die Gegenüberstellung von „szenischem Lernen“ und „Schultheater“, wobei Seitz unter „Schultheater“ lediglich ein „Zusatzangebot“ versteht, das von Schülern „freiwillig, in der Regel am Nachmittag, wahrgenommen wird.“ (147) Ein Blick über die bayerischen Landesgrenzen hinaus und in das auch von ihr zitierte Fachjournal „Schultheater“, das wesentlich beeinflusst ist von der Universität Erlangen-Nürnberg, hätte ihr helfen können festzustellen, dass in Restdeutschland der schulische Kontext in Bezug auf Theaterangebote bereits seit Jahrzehnten erheblich differenzierter diskutiert wird und entsprechende Folgen zeitigte.
[4] Klein, Gabriele (Hg) 2015: Choreografischer Baukasten. Das Buch. Bielefeld: transcript
[5] Domkowsky, Romi 2008: Erkundungen über langfristige Wirkungen des Theaterspielens. Eine qualitative Untersuchung. Auf Spurensuche. Saarbrücken, Berlin > https://opus4.kobv.de/opus4-udk/frontdoor/index/index/docId/25
[6] Wenzel, Karl-Heinz 2004: Schule als Raumbühne – Körperlichkeit im Medienzeitalter. Ein Modellversuch des Bremer Senators für Bildung und Wissenschaft in Verbindung mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung. Abschlussbericht. Bremen, Landesinstitut für Schule Bremen
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