Kops, Roland 2011: Unternehmenstheater als Managementinstrument – Konflikte in Änderungsprozessen kreativ aufdecken und lösen. Masterarbeit. GRIN Verlag. 84 Seiten – Rezension
Die Masterarbeit von Kops geht der Frage nach, inwiefern Unternehmenstheater als „Managementinstrument zur Krisenbewältigung unter Berücksichtigung der sich ständig ändernden Bedingungen in Unternehmen“ taugt, da es die Gefühle der Mitarbeiter bezogen auf die Veränderung positiv beeinflussen könnte. (4)
Inhalt
0 Abbildungsverzeichnis 2
1 Einleitung 3
2 Change Management 6
2.1 Change Management und seine Voraussetzungen
2.2 Rahmenbedingungen und Ursachen für Veränderungen in Unternehmen 7
2.3 Motive für Veränderungen und deren Zielrichtungen 7
2.4 Unterschiedliche Veränderungsinitiativen 8
2.5 Change Management braucht Top-Manager und Change Agents 9
2.6 Führungsinstrumente in Change-Prozessen 11
2.7 Umsetzen von Veränderungen/Transfer 12
2.8 Veränderungen und Lernen 13
2.9 Change Management und Unternehmenskultur 14
2.10 Veränderungen und (unbegründete) Widerstände 16
3 Über Konflikte 18
3.1 Konflikte (an-) erkennen
3.2 Psychologische und soziale Konflikte 20
3.3 Soziale Konfliktarten und –ursachen 21
3.4 Konfliktphasen 25
3.5 Konflikt-Management 29
3.6 Kreativität in Konflikten 31
4 Unternehmenstheater 32
4.1 Unternehmenstheater als Instrument gegen Unterdrückungen? 33
4.2 Typen von bedarfsorientiertem Theater in Unternehmen 34
4.3 Forumtheater und das 3-Phasen-Modell 35
4.4 Lernen von sozialen Systemen 37
5 Unternehmenstheater als Managementinstrument in der Praxis 39
5.1 Befragung von Unternehmen
5.2 Befragung von Unternehmenstheateranbietern 45
6 Schlussbetrachtung 47
7 Literaturverzeichnis 53
8 Anhang 56
Zunächst versucht Kops wichtige Voraussetzungen für den Einsatz von Change Management (vgl. u.a. Doppler/ Lauterburg) zu ermitteln und die Rollen, die Lernen und Kreativität dabei spielen, zu klären. Im Fokus steht die Frage: „Reichen die meist zwei, drei Stunden – im besten Falle ein Wochenende – einer Unternehmenstheaterinszenierung überhaupt aus, um nachhaltige Impulse zu setzen?“, sodass die erhoffte Wirkung von Unternehmenstheater nicht im Wunschdenken stecken bleibt. (5) Eine wichtige Funktion von Unternehmenstheater könne das Auflockern der Mitarbeiter sein, um eine Aufnahmebereitschaft für Veränderungsprozesse herzustellen. Ohne Mitarbeiter im Boot ließen sich Änderungsprozesse nicht erfolgreich gestalten, denn sie müssten letztlich die Veränderungen umsetzen. Dazu gehöre auch eine Verhaltensänderung. Dort könne Unternehmenstheater gut ansetzen: „Welches (Management-) Instrument kann denn mehr an Verhalten zeigen und darstellerisch umsetzen als das Unternehmenstheater, ohne dass den Mitarbeitern ‚der Kopf gewaschen wird‘? – Nur theatrale Interventionen sind dazu aufgrund ihrer Distanziertheit, aber dennoch sehr hohen emotionalen Reichweite in der Lage.“ (11-12) Denn letztlich gehe es nicht darum nur Konzeptvorlagen zu entwerfen und zu verabschieden, sondern diese in die Praxis umzusetzen. Nur daran könne der Erfolg einer theatralen Intervention gemessen werden.
Allen Veränderungen in Unternehmen sollte eine Analyse der dort herrschenden Kultur und den darin etablierten Kommunikationsformen vorausgehen. Die Unternehmenskultur hat einen entscheidenden Einfluss auf den Erfolg von Changeprozessen und auf einen beabsichtigten Einsatz von Unternehmenstheater zur Steuerung. Zur Analyse gehört es ebenso, grundlegend mögliche Widerstände in den Unternehmen zu ermitteln und zu bewerten.
Veränderungen, seien sie auch nur geplant, lösten häufig Irritationen, Skepsis und Ängste aus. Diese sind um so diffuser, je weniger Informationen die Betroffen haben. Widerstände sind oft nicht durch rationale Erklärungen zu beseitigen, da sie sich aus emotionalen Triebkräften speisen, die zudem noch unbewusst sein können. Da aber Lernen immer auch Veränderung bedeutet, muss man immer mit Widerständen rechnen. Die Frage ist, wie mit diesen Widerständen umgegangen wird. Soll Widerstand gebrochen werden oder soll konstruktiv damit umgegangen werden. Theater könne besonders gut Widerstände thematisieren und sichtbar machen, da es nicht mit Schuldzuweisungen arbeite, sondern eine Distanz und Perspektivenwechsel ermögliche. Es sei damit das Mittel der Wahl, in Veränderungsprozessen genutzt zu werden.
Kops unterscheidet das „qualifizierte“ vom „einfachen“ Unternehmenstheater. „Beim „qualifizierten“ Unternehmenstheater werden professionelle Schauspieler, die über eine externe Consulting-Firma oder direkt vom Unternehmen gegen Bezahlung gebucht werden, in ein großes oder mittelständisches Unternehmen entsandt und spielen dort vor den Augen der Belegschaft typische konfliktgeladene Situationen durch, die sich im alltäglichen Arbeitsverlauf, insbesondere mit den aktuellen Änderungsprozessen ergeben können.“ (32) Dabei könne das Unternehmenstheater die ungeschminkte Realität sichtbar machen und festgefahrene Haltungen und Routinen kritisch beleuchten und, so die Hoffnung, bei den Zuschauern zu einer Verhaltensänderung führen. Das „einfache“ Unternehmenstheater dient lediglich zur Unterhaltung.
In Abgrenzung zu Boals Konzept des Theaters der Unterdrückten ginge es bei der Dienstleistung des Unternehmenstheaters nicht um den Kampf von wirtschaftlich und politisch Unterdrückten, sondern um ein kommerzielles Management-Werkzeug „mit der Intention die Gewinne von Unternehmen zu maximieren.“ (34)
„Auf Veränderungen bezogenes Unternehmenstheater, das sicherlich wie jede Form von Kunst seinen Preis hat und auch haben darf, hat nicht das Künstlerische als Ziel und Zweck (Kunst um der Kunst Willen). Unternehmenstheater ist lediglich Mittel zum Zweck (Kunst um des Geldes Willen), da die das Unternehmenstheater initiierende Unternehmensleitung vorrangig die Wertsteigerung der betrieblichen Aktivitäten im Blick hat, die sich mit theatralen Methoden auf denkbar angenehme Weise erreichen lässt. So kann das Angenehme mit dem Nützlichen kombiniert werden.“ (34)
Kops unterscheidet – nach Teichmann – drei Grundtypen in Bezug auf die Qualität der Partizipationsmöglichkeiten der Beteiligten:
– „Partizipation durch Beobachtung“ – Unternehmensmitarbeiter schauen lediglich zu
– „Partizipation durch Verbalaktion“ – Unternehmensmitarbeiter können z.B. per Zuruf Einfluss auf den Gang der Handlung in der Szene nehmen
– „Partizipation durch Bühnenaktion“ – Unternehmensmitarbeiter spielen selbst. (34)
Kops erläutert im Folgenden das Format des Forumtheaters, das er der dritten Kategorie zuordnet. In diesem Kontext erläutert er auch das Drei-Phasen-Modell nach Lewin, das aus „Unfreezing“, „Moving“/ „Changing“ und „Refreezing“ bzw. aus „Auftauen“/ „Auflockern“, „Verändern“/ „Hinüberleiten“/ „Bewegen“ und „Einfrieren“/ „Stabilisieren“/ „Verfestigen“ besteht. (36)
Bei einer von Kops durchgeführten empirischen Untersuchung war „keine statistisch relevante Auswertung möglich,“ da „lediglich Einzelmeinungen bzw. einzelne Fallbeispiele eingeholt werden konnten.“ (45) Überdies war die Resonanz der angefragten Unternehmen und Personen verhältnismäßig gering. Der Tenor der Rückmeldungen sei insgesamt recht positiv gewesen, allerdings wurde Unternehmenstheater überwiegend als unterhaltend wahrgenommen. (43)
In seiner Schlussbetrachtung stellt Kops fest: „Unternehmenstheater kann nur die sichtbare Initialzündung sein, Probleme (wie Konflikte) oder Herausforderungen (wie Veränderungen) am Schopfe zu packen, also selbst aktiv zu werden. – Mehr kann Unternehmenstheater nicht leisten; mehr darf von ihm nicht erwartet werden! Unabdingbar und eigentliches Fundament für die Aufführung ist die punktgenaue Absprache zwischen der Unternehmensführung, also dem Management und den Theatermachern, wie die theatrale Intervention im Einzelnen präsentiert werden soll, damit die gewünschten Effekte entstehen und Unerwünschtes ausbleibt. Hilfreich können Rundgänge der Theaterregisseure oder Theaterverantwortlichen in die einzelnen Abteilungen sein, um die augenblicklich wahrgenommene Situation in der Belegschaft der Unternehmensführung zu spiegeln. Dabei müssen die Karten frank und frei auf den Tisch gelegt werden, d.h. es muss auf beiden Seiten ein offener, ehrlicher und umfassender Informationsfluss herrschen.“ (48-49)
Dieser Hinweis von Kops zeigt, dass eine genaue Kenntnis des Unternehmens unabdingbar ist, will man als Externer dort mit einer bestimmten Absicht mit einem bestimmen Werkzeug intervenieren. Die von dem Autor geforderten Recherche-„Rundgänge“ sind sehr wünschenswert, aber kaum in einer Weise möglich, dass für den Einsatz von Unternehmenstheater Relevantes oder gar Tiefgründiges des Unternehmens zu ermitteln wäre. Zum einen erhalten Externe nicht so einfach freien und unbegrenzten Zutritt zum Unternehmen und können Mitarbeiter beliebig interviewen, zum anderen steht dieser Aufwand, soll er Relevantes erbringen, in keinem Verhältnis zum Aufwand und zum Honorar. Überdies sprechen Mitarbeiter selten mit einem Unbekannten offen über Probleme des Unternehmens, zumal dieser von der Firmenleitung engagiert und bezahlt wird. In der Regel bleibt der Anbieter beschränkt auf das, was er vom Auftraggeber erzählt bekommt.
Insofern ist Kops Schusserkenntnis ein wenig gewagt: „Aus den Rückmeldungen des empirischen Teils der Arbeit konnte entnommen werden, dass das Unternehmenstheater in den meisten Fällen äußerst positiv aufgenommen wurde. Dabei sollte aber allen Beteiligten klar sein, dass die eigentliche Arbeit erst nach der Theateraufführung beginnt: In der immerwährenden Bewährungsprobe des Alltags. So ist die Quintessenz dieser Arbeit womöglich wenig befriedigend wie überraschend: Zusammenfassend kann konstatiert werden, dass das Unternehmenstheater neben wenigen Schattenseiten sehr viel Potenzial besitzt, Veränderungen im Sinne der Unternehmensleitung Erfolg versprechend durchzusetzen und auch bei der betriebsinternen Konfliktbearbeitung hilfreich sein kann.“ (51)
Weiterführendes
- Becker, Annette 2013: Theaterorientierter Ansatz im Coaching. Perspektiven verändern, neue Wege beschreiten, Sinne öffnen. Weinheim und Basel: Beltz Verlag – Rezension
- Doppler, Klaus/ Lauterburg, Christoph 2019 (1. Auflage: 1994): Change Management. Den Unternehmenswandel gestalten. Frankfurt/New York: Campus Verlag – Rezension
- Fischer, Isolde/ Wetzel, Ralf 2015: Die Macht der Improvisation. Über den gezielt ungeplanten Erfolg zweier Regisseure und betriebliches Veränderungsmanagement. In: OrganisationsEntwicklung. Zeitschrift für Unternehmensentwicklung und Change Management Nr. 4/ 2015. Düsseldorf: Handelsblatt Fachmedien GmbH: 66-71 – Rezension
- Funcke, Amelie/ Havermann-Feye, Maria 2015 (1. Auflage: 2004): Training mit Theater. Wie Sie Theaterelemente in Trainings und Unternehmensveranstaltungen erfolgreich einsetzen. Bonn: managerSeminare Verlag – Rezension
- Gundlach, Axel 2013: Wirkungsvolle Live-Kommunikation. Liebe Deine Helden: Dramaturgie und Inszenierung erfolgreicher Events. Wiesbaden: Springer Gabler – Rezension
- Hoppe, Hans Joachim/ Jünger, Jürgen/ Esche, Tilo 2017: Wie Unternehmen von Theater profitieren können. Führung spielend lernen. Wiesbaden: Springer Gabler Verlag – Rezension
- List, Volker 2019 (1. Auflage 2018): Die Kunst Theater zu lehren. Didaktik für Theater und Darstellendes Spiel. Hüttenberg: Angewandte Theaterforschung
- List, Volker u.a. 2013: Interaktive Großgruppen. Lebendig lernen – Veränderung gestalten. Heidelberg: Springer Medizin Verlag
- List, Volker u.a. 2008: Großgruppenverfahren. Lebendig lernen – Veränderung gestalten. Heidelberg: Springer Medizin Verlag
- List, Volker u.a. 2002: congress in motion© – ein neues Großgruppendesign setzt nachhaltige Impulse zur Veränderung in einem Banken-Fusionsprozess. In: Wirtschaftspsychologie. Heft 3/02. Bonn: R. v. Decker Verlag: 40-48
- Warstat, Matthias u.a. (Hg) 2015: Theater als Intervention. Politiken ästhetischer Praxis. Recherchen 121. Berlin: Theater der Zeit – Rezension
- Warstat, Matthias/ Evers, Florian/ Flade, Kristin/ Lempa, Fabian/ Seuberling, Lilian (Hg) 2017: Applied Theatre. Rahmen und Positionen. Berlin: Theater der Zeit – Rezension
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