Kühner, Margarethe 2010: Theater in Unternehmen? Der Einsatz von Unternehmenstheater, als Schlüssel zum Herzstück von Veränderungsprozessen in Unternehmen! München: GRIN Verlag. 42 Seiten – Rezension
Als Ziel ihrer vorgelegten theoretischen Abschlussarbeit im Rahmen der Ausbildung zur Theaterpädagogin BuT in der Theaterwerkstatt Heidelberg, möchte die Autorin einen Überblick über die Möglichkeiten des Unternehmenstheaters geben und aufzeigen, wie es den organisatorischen Wandel wirksam fördern kann. Im Fokus stehen dabei die Fragen, ob Unternehmenstheater die Veränderungsbereitschaft bei den Mitarbeitern erzeugen kann und welche theatrale Methode am ehesten in Veränderungsprozessen wirksam eingesetzt werden kann. (1)
Da sich mit den Methoden aus dem Feld der Theaterpädagogik emotionale Widerstände der Mitarbeiter sehr gut „auftauen“ ließen, lieferten sie im Rahmen von Unternehmenstheater den „Schlüssel“ für Veränderungsprojekte und stellten eine treffliche Intervention zum Aufbrechen fest zementierter Einstellungen, Routinen und Strukturen dar.
Inhalt
1 Einleitung 1
2 Unternehmenstheater 4
2.1 Allgemeine Definition 4
2.2 Einsatzgebiete des Unternehmenstheaters 5
2.3 Theaterarbeit in Unternehmen nach fünf wesentlichen Kriterien 7
2.3.1 Auftraggeber/Bedarf 7
2.3.2 Unternehmensrelevante Inhalte/Probleme 7
2.3.3 Ausgewählte Zielgruppe als Zuschauer 8
2.3.4 Theateraufführung 8
2.3.5 Nacharbeit 8
2.4 Wie Unternehmenstheater wirken kann 9
3 Theaterformen im Rahmen der bedarfsorientierten Theaterarbeit in Unternehmen 11
3.1 Eventtheater 11
3.2 Improvisation12
3.2.1 Statuentheater 12
3.2.2 Forumtheater 13
3.2.3 Seminartheater 15
3.2.4 Theatersport 15
3.2.5 Themenorientierte Improvisation 16
4 Gestaltung von Veränderungsprozessen 18
4.1 Das 3-Stufen-Modell von Kurt Lewin 18
4.2 Die vier „goldenen Regeln“ des erfolgreichen organisatorischen Wandels 19
4.3 Veränderungsprozess als triadische Episode 21
4.3.1 Auftauen 21
4.3.2 Verändern 22
4.3.3 Stabilisieren 23
4.4 Die Kübler-Ross-Kurve 24
5 Praktisches Vorgehen bei Veränderungsmaßnahmen unter Anwendung der TOI 26
5.1 Phasen der TOI 26
5.2 Stufe 1 Vorbereitungsphase 27
5.2.1 Briefing 27
5.2.2 Konzeption 27
5.2.3 Probe 27
5.3 Stufe 2 Durchführungsphase 27
5.3.1 Visualisierung 27
5.3.2 Reflexion und Transfer 28
5.3.3 Lösungsdrehbücher 28
5.3.4 Theaterlabor 29
5.4 Techniken der TOI 29
5.4.1 Interaktionstechniken 29
5.4.2 Introspektionstechniken 30
5.4.3 Dramaturgietechniken 30
5.5 Möglicher Ablauf eines bedarfsorientierten Theaterprojekts anhand von TOI 30
5.5.1 Vorbereitung des TOI-Teams 31
5.5.2 Erster Seminartag 31
5.5.3 Zweiter Seminartag 32
6 Fazit 34
7 Anhang
7.1 Umgang mit Veränderungen nach Kübler-Ross
7.2 So erkennen Sie den qualifizierten Trainer für Unternehmenstheater
7.3 Interview
7.4 Abbildungsverzeichnis
7.5 Abkürzungsverzeichnis
8 Literaturverzeichnis
Zunächst definiert die Autorin den Begriff des Unternehmenstheaters, benennt fünf wesentliche Kriterien zum professionellen Unternehmenstheater und sucht nach möglichen Einsatzgebieten für Unternehmenstheater und dessen erhoffter Wirkung. Danach erläutert sie einige Theaterformen für die bedarfsorientierte Theaterarbeit in Unternehmen und untersucht die Gestaltung von Veränderungsprozessen. Im letzten Kapitel geht sie der Frage nach: „Wie könnte eine Auftragsabwicklung anhand der ThemenOrientierten Improvisation (TOI) aussehen?“ (3)
Kühner unterscheidet bei einer künstlerisch-kreativen, theatralen Intervention in Organisationen und Unternehmen in eine einfache Form, bei der professionelle Schauspieler eventartig eine Belegschaft motivieren und unterhalten wollen. Bei der qualifizierten Form werden Mitarbeiter zu Akteuren und können auf diese Weise möglichst genau ihre Arbeitssituationen theatral verhandeln. Dazu eigneten sich Methoden des Improvisationstheaters.
Bei der folgenden Beschreibung der Einsatzgebiete professionellen Vorspiel-Theaters zur Darstellung interner Probleme und möglichen Lösungsangeboten, sowie der Auflistung von Einsatzgebieten orientiert sich die Autorin weitgehend an den Ausführungen von Schreyögg.
Der Autorin ist es wichtig die Unterschiede zwischen Rollen- und Theaterspiel hervorzuheben und erläutert dazu die jeweiligen Formen und Funktionen. (8)
Der Reflexionsprozess, den eine theatrale Überzeichnung auslösen könne, sei geeignet, scheinbar unbewegliche Strukturen wieder in Bewegung zu bringen und bilde die Grundlage für Veränderungen. So könne die szenische Darstellung einer neuen Unternehmensstruktur die vertraute Realität in neuem Licht als veränderbare untersucht werden.
Als maßgebliche Einflussgrößen für das Improvisationstheater macht Kühner die drei Autoren Spolin, Boal und Johnstone aus. Sie erläutert kurz die jeweiligen Merkmale und Nutzungsmöglichkeiten der Konzepte der drei Autoren. Die sogenannte Themenorientierte Improvisation (TOI) wird von Kühner favorisiert. Die drei Akteure Zuschauer, Schauspieler und ein Moderator bearbeiten ein gemeinsames Thema, das in einer szenischen Darstellung mündet. Diese Art szenischen Arbeitens stelle eine fundierte Ergänzung traditioneller seminaristischer Lernformen mit vielen Interventionsmöglichkeiten in unterschiedlichen Lernkontexten bereit, u.a. für Großgruppenveranstaltungen, Training in Kleingruppen und auch Teamentwicklung.
Kühner hält das TOI für die geeignetste Form bedarfsorientierten Theaters und ergänzt ihre Beschreibung mit Ausführungen zum 3-Stufen-Modell von Kurt Lewin (Unfreezing – Changing – Refreezing) und den vier ‚goldenen Regeln‘ des erfolgreichen organisatorischen Wandels. Die Veränderungsbereitschaft steige demnach, wenn Einverständnis über die Wandelnotwendigkeit hergestellt ist, das Veränderungskonzept selbst (mit)erarbeitet wurde, die Veränderung gemeinsam beschlossen und die Veränderung begreifbar gemacht wurde (Bezug Schreyögg).
Kühner betont, dass TOI kein Selbstläufer sei, sondern ihre Wirkung erst mit der Nacharbeit entfalten könne, um Veränderungen anzustoßen. Diese werde aber oft vernachlässigt.
In ihrem Fazit betont die Autorin, dass es für erfolgreiche Veränderungsprozesse unabdingbar sei, bei den Mitarbeitern eine Veränderungsbereitschaft zu erzeugen. „Mittels der erfrischenden Leichtigkeit theatraler Methoden werden auf positive Art und Weise verschiedene Handlungsräume aufgezeigt und somit negative Wirkungen abgebaut.“ Gelinge es „die Teilnehmer da abzuholen, wo sie sich emotional befinden und ihnen den Blickwinkel aus der Distanz zu ermöglichen, kann meiner Meinung nach eine nachhaltige Veränderungsbereitschaft bei den Mitarbeitern erweckt werden.“ (34) Unternehmenstheater könne dazu beitragen, „dass die Veränderungsbereitschaft der Mitarbeiter deutlich gesteigert wird, da sie selbst den Veränderungsprozess mit anstoßen und sich als Teil der Erneuerung mit ihr identifizieren. Welche Methode am ehesten geeignet ist, muss in Absprache mit dem Unternehmen individuell und spezifisch entschieden werden. Unabhängig von der Wahl der Methode muss dabei als Grundvoraussetzung für ein Gelingen, der Auftauphase besondere Beachtung zukommen. (35)
Leider gibt es bisher keine validen Untersuchungen, die signifikante Wirkungen dieser Form von Theater belegen können.
Weiterführendes
- Becker, Annette 2013: Theaterorientierter Ansatz im Coaching. Perspektiven verändern, neue Wege beschreiten, Sinne öffnen. Weinheim und Basel: Beltz Verlag – Rezension
- Boal, Augusto 1980: Theater der Unterdrückten. Frankfurt am Main: Suhrkamp
- Doppler, Klaus/ Lauterburg, Christoph 2019 (1. Auflage: 1994): Change Management. Den Unternehmenswandel gestalten. Frankfurt/New York: Campus Verlag – Rezension
- Fischer, Isolde/ Wetzel, Ralf 2015: Die Macht der Improvisation. Über den gezielt ungeplanten Erfolg zweier Regisseure und betriebliches Veränderungsmanagement. In: OrganisationsEntwicklung. Zeitschrift für Unternehmensentwicklung und Change Management Nr. 4/ 2015. Düsseldorf: Handelsblatt Fachmedien GmbH: 66-71 – Rezension
- Funcke, Amelie/ Havermann-Feye, Maria 2015 (1. Auflage: 2004): Training mit Theater. Wie Sie Theaterelemente in Trainings und Unternehmensveranstaltungen erfolgreich einsetzen. Bonn: managerSeminare Verlag – Rezension
- Gundlach, Axel 2013: Wirkungsvolle Live-Kommunikation. Liebe Deine Helden: Dramaturgie und Inszenierung erfolgreicher Events. Wiesbaden: Springer Gabler – Rezension
- Hoppe, Hans Joachim/ Jünger, Jürgen/ Esche, Tilo 2017: Wie Unternehmen von Theater profitieren können. Führung spielend lernen. Wiesbaden: Springer Gabler Verlag – Rezension
- Johnstone, Keith 1995: Improvisation und Theater. Berlin: Alexander
- List, Volker 2019 (1. Auflage 2018): Die Kunst Theater zu lehren. Didaktik für Theater und Darstellendes Spiel. Hüttenberg: Angewandte Theaterforschung
- List, Volker u.a. 2013: Interaktive Großgruppen. Lebendig lernen – Veränderung gestalten. Heidelberg: Springer Medizin Verlag
- List, Volker u.a. 2008: Großgruppenverfahren. Lebendig lernen – Veränderung gestalten. Heidelberg: Springer Medizin Verlag
- List, Volker u.a. 2002: congress in motion© – ein neues Großgruppendesign setzt nachhaltige Impulse zur Veränderung in einem Banken-Fusionsprozess. In: Wirtschaftspsychologie. Heft 3/02. Bonn: R. v. Decker Verlag: 40-48
- Schreyögg, Georg/ Dabitz, Robert 1999: Unternehmenstheater – Formen, Erfahrungen, erfolgreicher Einsatz. Wiesbaden: Heidelberg
- Spolin, Viola 1993: Improvisationstechniken für Pädagogik. Therapie und Theater. Paderborn: Junfermann
- Warstat, Matthias u.a. (Hg) 2015: Theater als Intervention. Politiken ästhetischer Praxis. Recherchen 121. Berlin: Theater der Zeit – Rezension
- Warstat, Matthias/ Evers, Florian/ Flade, Kristin/ Lempa, Fabian/ Seuberling, Lilian (Hg) 2017: Applied Theatre. Rahmen und Positionen. Berlin: Theater der Zeit – Rezension
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